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Demut


"Liebe ist die stärkste Macht der Welt, und doch ist sie die demütigste, die man sich vorstellen kann."
Mahatma Gandhi

"Wahre Demut kommt aus der Liebe; es ist eine Qualität des Herzens."
Von Unbekannt

Als sich Kardinal Roncalli, der spätere Papst Johannes XXIII., der "Konzilsvater", einmal einige Tage in Belluno aufhielt, war Don Albino, der spätere "lächelnde Papst" Johannes Paul I., sein Begleiter. Roncalli sagte nachher dem Generalvikar von Belluno: "Ich habe noch nie einen liebenswürdigeren Menschen kennengelernt."
Als Luciani das erfuhr, lachte er und meinte: "Ich weiss nicht, wie er mich kennengelernt hat. Es hat immer nur er geredet!" Anlässlich der Diözesansynode lernte Kardinal Roncalli Luciani besser kennen, weil Don Albino an der Ausarbeitung der Texte beteiligt war. Nach der Wahl Roncallis zum Papst, 1958, war der Bischofsstuhl von Vittorio Veneto neu zu besetzen. Albino Luciani, der dafür vorgesehen war, lehnte ab mit der Begründung, er habe keine gute Gesundheit und eine schwache Stimme. Er bekam die Antwort: In Vittorio Veneto liege das Bischofshaus auf einem Hügel, die Luft sei bestens, und für die Stimme gebe es Lautsprecher. Papst Johannes XXIII. wollte ihn persönlich zum Bischof weihen. 
Einige Tage vor der Weihe am 27. Dezember 1958 hatte der Papst ein Gespräch mit Luciani, der zwanzig Jahre später darüber berichtete: "Papst Johannes sagte mir, einem einfachen Priester (auch wenn ich als Kandidat für das Bischofsamt vorgesehen war), mit einem unfassbaren Vertrauen Dinge, die ich hier nicht wiedergeben kann. Er gab mir auf sehr herzliche Weise einige praktische Ratschläge: "Ich weiss, dass du Theologie und viele andere schöne Dinge unterrichtet hast. Aber die Schule ist eine Sache, und Bischof sein ist eine andere. Bemühe dich, einfach und klar zu sprechen." Dann schlug er mit der Faust auf sein Knie und sagte: "Demut, Demut!" Mit seiner gewohnten Einfachheit zog er die Nachfolge Christi aus der Tasche und las mir die vier Regeln zur Erlangung des inneren Friedens vor: 1. sich Mühe geben, lieber den Willen eines anderen zu tun als den eigenen; 2. lieber weniger haben als mehr; 3. lieber den untersten Platz einnehmen und allen untertan sein; 4. immer wünschen und beten, dass Gottes Wille vollkommen in uns erfüllt werde (III,23)." 
Die Nachfolge Christi gehörte auch zu Lucianis Lieblingsbüchern.
Johannes Paul I., Das Leben des lächelnden Papstes, Erzählt von einer Karmelitin, Verlag Neue Stadt, München 1990, S. 29-30

Luciani wählte als neuer Bischof das Leitwort "Humilitas", Demut, ein Motto, das auch Karl Borromäus hatte, den er als sein Vorbild im Bischofsamt ansah. 
Luciani erklärte, die Tugend der Demut sei vor allem eine innere Einstellung, nicht etwas, was nach aussen hin in Erscheinung tritt. Sie zeige sich etwa darin, dass man den letzten Platz suche, dass man Anklagen und Widerstände annehme oder auch dann froh sei, wenn man nicht beachtet wird. Demut ist das tiefe Bewusstsein und die lebendige Erfahrung unseres Nichts vor der Grösse Gottes. Aus dieser inneren Haltung kann die äussere Demut erwachsen. "Demut bringt keine Anerkennung, keine Bewunderung oder irdische Befriedigung, sondern ist das verborgene Fundament, das niemand sieht ausser Gott." 
Johannes Paul I., Das Leben des lächelnden Papstes, Erzählt von einer Karmelitin, Verlag Neue Stadt, München 1990, S. 32 


last update: 31.03.2015